Ein tiefer Einblick in den wahren Wert des Amazonas-Regenwaldes
Am 14.–16. Mai 2024 versammelten sich rund 30 Teilnehmende aus den Ländern des Amazonas, darunter Peru, Ecuador, Kolumbien, Brasilien und Bolivien, um ihre gesammelte Erfahrung – insgesamt mehr als 900 Jahre Arbeit und Leben im Gebiet – und ihr Wissen über den wahren Wert des Waldes, den man auch «die Lungen der Welt» nennt, miteinander zu teilen.
Die Veranstaltung war Teil der «Wyss Academy Dialoge über den wahren Wert der Wälder» und schuf einen sicheren Raum, um über den Amazonas-Regenwald zu diskutieren, mit Blick auch auf andere Aspekte als seine reiche Biodiversität, sauberen Wasserquellen und Sauerstoffproduktion.
Laut dem Amazonian Network of Georeferenced Socio-Environmental Information (RAISG) umfasst das Amazonasgebiet eine Fläche von 8’470’209 km². Die Möglichkeiten für eine nachhaltige Entwicklung sind ebenso gross wie die Region selbst. Neben dem Erhalt des Waldes ist es auch entscheidend, sicherzustellen, dass die lokalen und Indigenen Gemeinschaften, die in und um den Wald leben, über nachhaltige Ressourcen und Einkommen verfügen.
«Wenn man sich den Amazonas als unberührten Wald oder intaktes Ökosystem vorstellt, stellt man sich etwas vor, das es nicht gibt. Es ist eine Fantasie», sagte Mariana Varese, Direktorin Amazonaslandschaften bei der Wildlife Conservation Society und Teilnehmerin des Dialogs. «Der Amazonas, seine Vielfalt, seine Komplexität und sein Beitrag zum Planeten sind möglich, weil indigene Völker ihn seit über 10’000 Jahren bewohnen und bewirtschaften. Daher muss jede Lösung zum Schutz des Amazonas die indigenen Völker und lokalen Gemeinschaften miteinbeziehen und ihnen zugutekommen», fügte die Expertin hinzu.
Während des dreitägigen Dialogs in Manaus, Brasilien, tauschten sich Teilnehmende aus verschiedensten Bereichen der Gesellschaft – etwa aus indigenen Völkern, dem Wirtschaftssektor, der Wissenschaft, Nichtregierungsorganisationen und öffentlichen Institutionen – über ihre unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen aus und entwickelten zusammen eine Vision und klare Ideen, wie sich die dringlichen Herausforderungen gemeinsam anpacken lassen.
«Eine echte Einbeziehung und Priorisierung der vielfältigen Werte des Amazonas in Politiken, Investitionen, Wissenschaft und soziale Praktiken bietet grosse Chancen. Durch den Dialog haben wir bedeutende Fortschritte erzielt», erklärte Mariano Castro, Direktor des Programms Unidos por el Bosque der Stiftung Fundación para la Conservación y el Desarrollo Sostenible (FCDS), der Partnerorganisation der Wyss Academy für den regionalen Dialog in Südamerika.
Zum Schluss des Dialogs formulierten die Teilnehmenden eine gemeinsame Erklärung zu den Werten, die sie mit dem Amazonas verbinden. Sie enthält eine Reihe von inspirierenden Leitsätzen für die zukünftige Arbeit in der Region:
«Wir verstehen den Amazonas als ein lebendiges, komplexes und vernetztes System, das Zeiten, Räume und Menschen verbindet. Gleichzeitig ist der Amazonas auch ein Recht und eine Sammlung von individuellen und kollektiven, menschlichen und nicht-menschlichen Erfahrungen und Geschichten.
Wir müssen einen gemeinsamen Weg bauen und Kooperationen und Initiativen miteinander verweben. Wir müssen Geschichten erzählen, die die Werte des Amazonas und die Vorteile seiner Erhaltung veranschaulichen. Wir müssen über das Ausmass der Folgen des Verschwindens des Amazonas sowie die Bedrohungen, die zu seiner Schädigung beitragen, kommunizieren und dabei für jede Zielgruppe eine angemessene Sprache verwenden. Wir müssen für eine flüssige und effiziente Kommunikation zwischen der Wissenschaft und der öffentlichen Verwaltung sorgen, um evidenzbasierte Entscheidungen zu ermöglichen und die Beziehungen zwischen allen Akteuren so zu stärken, dass wir den anhaltenden Herausforderungen wirksam begegnen können. Wir betrachten es als unerlässlich, das Recht der Menschen auf Wohlergehen und das Existenzrecht der Natur gleichermassen anzuerkennen und zu verteidigen.
Wir wollen diese kollektive Vision des Amazonas den Völkern des Amazonas, den Ländern des Amazonas und der Welt vermitteln und einen Weg gemeinsamer Aktionen schaffen, der über den physischen Raum hinausgeht und die Verbindung zwischen Menschen und Natur widerspiegelt.»
Diese kollektive Botschaft wird nun in die Welt hinausgetragen und wird die kommenden regionalen und globalen Dialoge über den wahren Wert der Wälder inspirieren, erklärte Tatiana Glad, geschäftsführende Direktorin des Impact Hub.
«Der Dialog in Südamerika über den Amazonas war ein kraftvoller erster Schritt hin zur Anerkennung des wahren Werts der Wälder. Das globale Netzwerk des Impact Hub freut sich darauf, zusammen mit der Wyss Academy und regionalen Partnern darauf hinzuarbeiten, dass die wichtige Rolle der Wälder von Gemeinschaften auf der ganzen Welt unterstützt wird. Während wir uns auf die bevorstehenden Dialoge in anderen Regionen vorbereiten, erwarten wir, dass jedes Gespräch unser Verständnis und unser Engagement weiter vertiefen wird. Bereiten Sie sich auf eine Welle von ökologischen Erkenntnissen, Advocacy und Aktionen vor!», sagte Glad.
Die nächsten Dialogeüber den wahren Wert der Wälder finden am 30.–31. Mai in Südostasien, am 4.–5. Mai in Europa und am 13.–14. Juni in Ostafrika statt, und ein abschliessender globaler Dialog ist für das zweite Halbjahr 2024 geplant.
Die Dialoge über den wahren Wert der Wälder werden von der Wyss Academy for Nature in Zusammenarbeit mit dem Impact Hub Network organisiert und wurden in Südamerika auf regionaler Ebene von der Fundación para la Conservación y el Desarrollo Sostenible (FCDS) unterstützt.